Scheitern ist nicht einfach negativ – im Gegenteil



Neue Station für Essstörungen und Krisenintervention

Psychische Erkrankungen vermeiden
Es muss nicht alles gelingen im Leben und Scheitern muss nichts Negatives sein. Diese Erkenntnis soll Gefühlen von Menschen mit Beeinträchtigung entgegenwirken, die glauben, alles falsch gemacht zu haben.
Viele Klientinnen und Klienten sowie Angestellte des Unternehmensbereiches inclusioplus der Psychiatrie Baselland haben private und berufliche Rückschläge erlitten. Sie haben das Gefühl, versagt zu haben oder gescheitert zu sein. Scheitern gilt hierzulande als Tabu – im Gegensatz etwa zu den USA – und soll auf alle Fälle vermieden werden. Allerdings: Wem etwas misslingt, wer Fehler macht oder sich irrt, die oder der kann daraus auch positive Erkenntnisse gewinnen und die Widerstandskraft stärken.

Lerneffekte aus dem Scheitern
Es kommt darauf an, wie man mit dem (vermeintlichen) Scheitern umgeht. "Man kann aus dem Scheitern lernen, aber ohne Erfolgsgarantie", sagte der Arbeitspsychologe und emeritierte ETH-Professor Theo Wehner an einem Netzwerkanlass des Unternehmensbereiches inclusioplus der Psychiatrie Baselland in Liestal. Es brauche dazu aber die Fähigkeit zur Selbstreflexion. Denn diese könne helfen, aus Erfahrungen negativer Erlebnisse zu lernen und darauf aufzubauen.
Aus dem Scheitern entsteht neue Kunstform
Theo Wehner sprach einer Kultur des Scheiterns das Wort. Er zeigte einen zerbrochenen Topf, dessen Risse mit Gold und Platin ausgestrichen waren und wies auf die ostasiatische Kunstform Kintsugi hin. Es ist ein Kunsthandwerk, bei dem Keramik- oder Porzellanscherben fantasievoll zusammengeflickt werden. Der Keramiker ist also mit dem zerbrochenen Krug nicht einfach gescheitert, sondern hat daraus etwas Neues und Produktives gemacht.
Sich konzentrieren auf Beinahe-Situationen
Oft gibt es laut Wehner Beinahe-Situationen ("Da habe ich nochmals Glück gehabt"), die bereits ausreichen, um aus Fehlern zu lernen. Auf diese Ereignisse soll man sich vor allem konzentrieren und sich fragen, "warum hat es für mich Sinn gemacht, so zu handeln, wie ich gehandelt habe?". Es gelte aber, Selbstvorwürfe zu vermeiden und sich nicht in eine Opferrolle zu begeben, empfahl der Professor seinen Zuhörerinnen und Zuhörern.
Teilnahme und Teilhabe auf Augenhöhe
Ziel des Netzwerkanlasses war es, inclusioplus-Mitarbeitende mit einer IV Rente, Zuweisende, Beratungsstellen, Arbeitgebende und potenzielle Arbeitgebende zusammenzubringen, um gleichwertige Teilnahme und Teilhabe zu leben. Die lehrreichen Ausführungen von Theo Wehner sind bei den Gästen, gut angekommen. Während des anschliessenden Apéros haben die Teilnehmenden über das Referat rege diskutiert und sich über eigene Erfahrungen ausgetauscht.
